K a p i t e l S i e b e n u n d z w a n z i g
- Nino Angelotti
- Feb 24, 2015
- 2 min read
Halb elf, Wönkelmeyer war gerade aufgewacht. Blinzelnd schaute er sich im halbdunklen Zimmer um. Ganz schön asozial, die Bude. Er schämte sich sofort für diesen Gedanken. Dieser Zwölfjährige hatte ihn letztens erst vor Schmiedekampf und dessen zugedröhnten Gewaltpennern gerettet und nun lag er, Wönkelmeyer, undankbar und herablassend bei ihm auf der Couch. Bescheiden. Das beschrieb es besser, fand er. Es war aber nicht bescheiden-schön, sondern bescheiden-gleichgültig. Das haben seine Eltern so eingerichtet, apropos, wo stecken die eigentlich? Er richtete sich auf. Keinen Bock, jetzt Pieters Eltern erklären zu müssen, warum ich mich mit ihrem Zwölfjährigen Sohn angefreundet habe und hier bei denen auf der Couch penne. Er stand auf und machte sich auf die Suche nach seinen Socken. Nee, Pieter hatte doch gesagt, dass er alleine wohnt, also keine Eltern. Er war erleichtert. Da sind sie ja, meine Socken, endlich. Er schlüpfte in seine blauen Socken, hielt inne und horchte. Er hörte eine leichtes, pfeiffendes Schnarchen und folgte durch den Flur in ein kleines Zimmer, dessen Fenster durch einen Little-Foot-Vorhang verdunkelt war.
Da ist er ja, aber weshalb zum Teufel...Wönkelmeyer konnte sich nicht erklären, warum Pieter zusammengerollt in einem kleinen Wiegenbett schlief. Er stieß überall an und es sah alles andere als gemütlich aus, fast wie eine Katze war er zusammengerollt. Wönkelmeyer zog sich zurück, ging in die Küche, fand dort aber außer Aldi-Icetea und Pringles nichts. Er hatte vollkommen vergessen, seinen Kühlschrank auszuräumen. Der Schlüssel lag nun bei Björn im Briefkasten und Wönkelmeyer wollte lieber sterben als Björn um den Schlüssel zur Wohnung und damit letztendlich um Essen zu bitten. Enttäuscht zog er sich zurück in das Zimmer, in dem er geschlafen hatte, wobei es sich um das Wohnzimmer zu handeln schien. Wie lange schläft denn der Junge noch? Ihm war langweilig und irgendwie verstand er nicht, weshalb Pieter mit seinen zwölf Jahren ganz alleine wohnte. Irgendetwas musste hier in dieser Wohnung doch auf eine Familie hinweisen, auf Eltern oder Geschwister. Er öffnete langsam die unterste Schublade der Kommode, nichts, auch in den anderen nicht. Das gibt es doch gar nicht. Vorsichtig ging er zum Schrank und öffnete ihn. Jede Menge Klamotten waren darin. Und eine große Sporttasche. Interessant, vielleicht ist das die Tasche eines Vaters oder Bruders. Er öffnete sie und staunte nicht schlecht. Es befanden sich viele kleine Plastiktüten mit Kapseln darin, offensichtlich Drogen, welche wusste er nicht. Pieter scheint mir kein Dealer zu sein, vielleicht wohnt er hier einfach sozusagen, um den Stoff zu bewachen - nur für wen? Und wie finden die es, dass er mich hier einquartiert hat? Wönkelmeyer wurde unwohl zumute und er beschloss zu gehen. Die Tür war jedoch abgeschlossen und das leise, pfeiffende Schnarchen wirkte nun irgendwie bedrohlich.
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