K a p i t e l V i e r u n d z w a n z i g
- Nino Angelotti
- Feb 20, 2015
- 2 min read
Der silberne Golf Variant bog in die Kiesauffahrt der Villa Herz. Foissel verzog keine Miene. Er hatte bislang mit der Militärpolizei nichts zu tun gehabt. Die Schauergeschichten, die man sich über den Polizeipräsidenten Waldemar Abraxas Merz erzählte, schienen ihm übertrieben und erfunden zu sein. Er, Foissel, war sich keiner Schuld bewusst und zudem Belgier. Ausländer waren vor der Militärpolizei etwas sicherer als Inländer, das hatte ihm sein Freund Hoppseng erzählt, der Chinese war.
Hufnagel und Heuber stiegen aus, öffneten die hintere Wagentür und ließen Foissel aussteigen, um ihn unter den Armen zu packen und die Treppen hinauf zu bringen.
"Nun sein Sie doch nicht albern, ich werde schon nicht davonlaufen"
"Schnauze, Belgier"
Foissel fühlte sich nun doch unwohl. Das Treppenhaus der Villa Herz war holzbetäfelt, dunkel und irgendwie unheimlich. Die Treppe knarzte unter ihren Schritten und Foissels Arme begannen zu schmerzen. Heuber ließ ihn für eine Sekunde los, um an der großen Tür zu klopfen.
"Herein!"
Dass es sich bei dem großen, dicken Mann mit den Schweißperlen auf der Stirn und dem verkrampft offen stehenden Mund um den Polizeipräsidenten handelte, bezweifelte Foissel keine Sekunde.
"Sie sind also unser belgischer Kartenpfuscher. Sie sollten sich schämen für Ihre minderwertige Arbeit"
Das ist es also, er möchte sich wegen der Karten beschweren, die sein Fußsoldat vorzeitig abgeholt hatte. Foissel begann sich zu entspannen. Im schlimmsten Fall bin ich meinen unangenehmsten Kunden los.
"Willkommen, oder sollte ich Khosch Amadid sagen?"
"Das wäre jedenfalls weder flamerisch noch wallony, falls Sie auf meine belgischen Wurzeln anspielen"
Foissel wurde zwar noch immer von beiden Seiten festgehalten, stand aber doch selbstsicher und sprach mit fester Stimme - nicht laut, weil er nie laut sprach, aber souverän, beinahe herausfordernd. Für solche Momente war Merz vor 32 Jahren der Militärpolizei beigetreten. Widerstand aufspüren und brechen, wobei er, Merz, sich ganz besonders für das Brechen begeistern konnte. Er ging langsam auf Foissel zu.
"Ihre belgischen Wurzeln werden mit Sicherheit ihr kleinstes Problem sein, wenn Sie sich hier auf die Hinterbeine stellen. Wir wissen, dass Sie für die Iraner arbeiten. Das werden Sie alles zugeben und aufklären. Daran besteht kein Zweifel. Die Frage ist nur, ob wir Ihnen dafür zuerst sämtliche Knochen brechen müssen"
"Ich weiß ehrlich gesagt nicht, wovon Sie sprechen und würde jetzt gerne den belgischen Konsul verständigen"
"Gut, Sie haben sich entschieden. Hufnagel, lassen Sie Utzmann holen, mit Werkzeug. Sie, lieber Foissel bekommen als Belgier eine ganz besondere Behandlung. Haben Sie von Utzmann schon gehört?"
"Nein, habe ich nicht"
"Utzmann ist nicht ganz normal. Andere würden sagen, Utzmann sei schwer gestört. Ich persönlich würd sagen, Utzmann ist ein Wahnsinniger, aber genial. Was Qual und Schmerzen anbetrifft, hat Utzmann einen sechsten Sinn, eine Art Autismus"
Foissel wurde übel. Natürlich hatte er von Utzmann schon gehört. Elias Utzmann, der sadistische Folterknecht der Militärpolizei.
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