K a p i t e l E i n u n d z w a n z i g
- Nino Angelotti
- Feb 17, 2015
- 2 min read
"Ich glaube Faridun ist stinksauer"
"Der wird sich schon wieder einkriegen"
"Was war denn los mit dem? Wir kommen ihn hier besuchen und er sprintet sauer raus, oder was? Ihr seid doch Freunde!"
"Megdi, der Wönkelmeyer ist eben nicht immer einfach. Hat sich wahrscheinlich auch Chancen ausgerechnet bei Dir"
"Häh? Denkst Du Dir jetzt aus, oder was? Das hätt ich germerkt, hundertpro"
"Ist doch auch egal. Komm, da sind wir schon, ich zeig Dir jetzt mal unsere Räumlichkeiten"
Björn und Megdi waren angekommen, es regnete leicht, sie waren aber nicht besonders nass geworden. Das Treppenhaus war winzig klein, mintgrün und es lag ein scharfer Putzmittelgeruch in der Luft. Ordentlich, aber hässlich. Hm. Sie nahmen den kleinen Aufzug, der für maximal 3 Personen oder 900kg zugelassen war.
"Das macht 300kg pro Passagier, wenn alle gleich schwer sind"
Björn schaute sie erwartungsvoll an und fuhr fort.
"Flüchtigkeitsfehler? Glaub ich nicht, nicht im professionellen Bereich"
Megdi hörte zu, sie war immer noch dabei Björn kennenzulernen. Sie mochte seine einfache Art und fand es interessant, dass er so ehrgeizig seinen eigenen Laden aufbaute. Er muss schon smart sein, auch wenn man es nicht so merkt.
"Mich erinnert das an eine Reportage über die matrizentrischen Königreiche Afrikas, deren Gesellschaften bienenähnlich aufgebaut waren. Der ganze Staat diente der Verehrung und Fütterung dieser königlichen Gigantinnen, die teilweise das Vier- bis Fünffache ihrer Untergebenen auf die Waage gebracht haben sollen. Aber dass die Schneider Aufzüge AG dieses geschichtliche Kuriosum, soziologisch nicht uninteressant, zur eigenen Produktklassifizierung heranzieht, das ist doch fett. Schneider Aufzüge, nicht übel die Jungs, oder?"
Sie schaute ihn etwas verwirrt an, denn es hatte irgendwie auswenig gelernt geklungen und gar nicht nach Björn.
"Klingt irgendwie nach Faridun"
"Ach scheiß auf Wönkelmeyer!"
Auf ein sanftes „Kling“ öffneten sich die grauen Schiebetüren des Fahrstuhls aus dem Hause Schneider. Der rothaarige Walter kam ihnen entgegen und streckte Megdi seine ungewöhnlich lang befingerte Hand zum Gruß entgegen.
"Walter, das hier ist die liebe Megdi, meine Olle"
Walter schaute sie erschrocken mit leicht geöffnetem Mund aus seinen großen grünen Augen an. Seine makellose Gesichtshaut und seine hohen Wangenknochen ließen ihn aussehen wie eine Mischung aus Tilda Swinton und Dschingis Khan. Seine große Teetasse hielt er mit beiden Händen.
Was für ein zarter Mann, mit den langen Wimpern und diesen grünen Augen, die wie kalte Smaragde aus seinem schönen Schädel starrten. Er schien ihre Gedanken lesen zu können, denn er schaute sie durchdringend und selbstsicher an.
"Megdi, ja, schöner Name, ist das ungarisch? Ich habe auch mal eine ungarische Freundin gehabt, blond, wie Du. Wir hatten uns beim modeln kennen gerlernt, ich hatte gemodelt damals, und sie auch. Die Bence konnte nur die Finger nicht vom Süßkram lassen. Ich habs kommen sehen, wie die sich abends das Gemüse mit dem Zaziki reingehauen hat. Als ich das gesehen habe, wusste ich, das mit uns hat keine Zukunft. Jetzt ist die Bence im Management irgendeiner ungarischen Käserei, die anscheinend einen ganz besonderen Käse nach Deutschland importieren. Naja, die werden schon wissen. Herzlich willkommen bei Diestel & Barsch Coaching"
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