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K a p i t e l N e u n z e h n

  • Nino Angelotti
  • Feb 14, 2015
  • 3 min read

Wönkelmeyer hatte es beinahe geschafft. Erschöpft schleppte er sich die Soldiner Straße hinunter. Es war 17 Uhr, er musste also damit rechnen, dass die Penner noch fit waren, denn denen ging die Puste gewöhnlich erst am Vorabend zwischen 18 und 19 Uhr aus. Langsam und gequält überquerte er die Panke als Schmiedekampfs heisere Stimme ihn anbellte.

"Ey! Watt isn ditt für eener? EYYY! Komm ma ran hier, Du! EYYYYY!"

Einer der anderen Penner war aufgestanden und Wönkelmeyer machte sich auch wegen der Hunde sorgen. Ich wink denen einfach und geh weiter. Wönkelmeyer schaute zu Schmiedekampf und winkte kurz freundlich in der Erwartung, weiterziehen zu können.

"EY! Bommel, halt den fest!"

Verdammt! Bommel war der unangenehmste unter den Pennern, zwar nicht so vorlaut wie Schmiedekampf, aber immer aggressiv und bekannt dafür, dass er keinerlei Hemmungen hatte. Wönkelmeyer überlegte kurz, ob er weglaufen sollte, es waren nur noch ca. 500m bis zur Haustür. Er fühlte sich aber zu schwach und wollte auch nicht das Gesicht verlieren hier in seiner Straße. Im nächsten Moment war Bommel schon da und rückte ihm dicht auf die Pelle, um ihn zu Schmiedekampf zu bringen, der auf einer Bank an der Panke saß. Schmiedekampf war der Anführer der Penner in der Soldiner Straße, ein großer und kräftiger Mann mit lederner Haut und einem langen, fransigen Bart. In einer seiner kräftigen, dreckigen Händen hielt er eine Flasche billigen Rotweins, in der anderen eine Hundeleine. Er wirkte wie ein griechischer Gott, nur in dreckig und besoffen.

"So, jetzt t-h-e-r-a-p-i-e-r-e-n wir dich mal"

Bommels stinkende Hand schnellte in Wönkelmeyers Nacken und drückte ihn runter in die Knie. Wönkelmeyer war sich sicher, dass die Kerle auf Drogen waren. Schmiedekampfs Hosenstall stand offen und seine Jeans waren filzig und stanken zum Himmel. Irgendwie musste er an den Gänse-Sojtat denken.

"Ahhhh"

Schmiedekampf schrie auf, er blutete im Gesicht und starrte zornig an Wönkelmeyer vorbei.

"Ahhhhh"

Nun schrie Bommel auf, hielt sich das Ohr und fluchte. Wönkelmeyer drehte sich um und sah den kleinen Pieter mit einem Katschi, aus dem er kleine Steine auf die Penner feuerte. Der kleine Dicke wirkte furchtlos und langte mit seiner Hand in die Tasche seiner Jogginghose, um nachzuladen. Warum lassen sich die Penner das gefallen, warum lassen Sie nicht ihre Hunde los?

"Was kuckt ihr so, ihr Scheissepenner? Komm mit, Huhn"

Wönkelmeyer stand auf und sah zu, dass er schnell weg kam von den zugedröhnten Pennern. Pieter begleitete ihn.

"Danke, Pieter. Ich heiße Faridun, nicht Huhn"

"Du musst den Scheissepennern zeigen wer der Babo ist"

Sie gingen die Treppen hoch, Pieter schien wieder zu ihm zu wollen. Na gut, er hat mich ja gerade gerettet. Pieter schlüpfte aus seinen ausgebeulten Airmax und ging schnurstracks in die Küche, wo er sich direkt ein Glas Orangensaft einschank und hinunterstürtzte. Er zog ein iPhone aus seiner Jogginghose. Woher hast Du kleiner Schwabbel so ein teures Smartphone?

"Hab ich zum Geburtstag bekommen"

"Heute? Herzlichen Glückwunsch, wie alt bist Du denn geworden"

"12. Hör mal, voll geuel, Huhn"

Er hielt Wönkelmeyer das iPhone entgegen, aus dem eine schöne Frauenstimme klang. Pieter wackelte mit seinen Hüften, was putzig aussah, irgendwie feminin. Wönkelmeyer mochte das Lied, nahm das iPhone und warf einen Blick auf das youtubevideo.

"Krass, die ist ja echt heiß"

"Ich heirate die! Wenn ich 18 bin, die is voll geuel"

Wönkelmeyer hielt das für unwahrscheinlich, wollte Kleinfetti aber nicht entmutigen.

"Wer ist das denn?"

"Yenilou heisst die, aber vergiss es, Huhn, ich heirate die. Wenn ich 18 bin, ich muss nur noch warten"

Er wackelte noch immer mit seinen dicken Hüften. Vorfreude sprang Wönkelmeyer aus dem weichen Gesicht des Zwölfjährigen entgegen.

"Gut, Pieter, wir müssen uns deswegen nicht streiten, ich habe da eh keine Chance, so schön wie die ist. Herzlichen Glückwunsch auf jeden Fall! Da hast Du echt n Jackpott geknackt"

Pieters Hüften zappelten aufgeregt zum schönen Lied seiner Traumfrau und er begann aufgeregt in die Hände zu klatschen.

***


 
 
 

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