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K a p i t e l A c h t z e h n

  • Nino Angelotti
  • Feb 14, 2015
  • 3 min read

Er hatte geschlafen wie ein Stein, trotz des anstehendenTermins mit Dr. Mohsen Ahmadi. Wenn andere kein Auge zutaten, schlief Foissel besonders tief - das war schon immer so gewesen, warum wusste er nicht. Foissel war auch nicht der Typ, der solchen Dingen auf den Grund ging. Um halb sechs war er aufgestanden, hatte sein dunkelblaues Schlafhemd - von dem er sich 3 Exemplare hatte schneidern lassen - in den Wäschekorb gelegt, hatte die verbleibenden Meter in das ans Schlafzimmer grenzende Badezimmer nackt zurückgelegt, um dort sein morgendliches 7-Minutenprogramm zu absolvieren. Es waren jeden morgen dieselben Handgriffe, die Zahnbürste nahm er mit unter die Dusche, seine Locken wusch er jeden zweiten Vorabend, nicht jedoch morgens. Er hatte das 7-Minutenprogramm aus keinem Ratgeber, denn er las solche Alltagshilfen nicht. Es war einfach seine aufgeräumte Art, Dinge in den Griff zu bekommen und Ordnung zu schaffen. Er griff sich das rechts neben der Dusche hängende frische Handtuch und rubbelte sich ab, von den schmalen Schultern abwärts. Foissel fühlte sich immer noch sehr wohl in seiner Wohnung, vor allem wegen des großen, komplett weiss gekachelten Badezimmers. Es hatte etwas mehr als 20qm, eine große alte Badewanne und ein großes altes Doppelfenster, aus dem man über den Innenhof und das Hinterhaus hinaus auf die anderen Dächer der Uferstraße schaute. Das Schlafzimmer war relativ klein, wirkte jedoch groß, denn die Kleiderschränke waren unauffällig weiß und in die Wände eingelassen. Nach wenigen Minuten steckte Foissel wieder in einem seiner grauen Anzüge mit dem weißen Hemd und der dunkelgrünen Fliege. Er war mit Beatrice um Viertel vor neun vor der Kanzlei Dr. Mohsen Ahmadis verabredet, somit war noch ausreichend Zeit.

Ergebnislos grübelte er über seinem Frühstücksei, was es mit dem alten Koffer und den Dokumenten des alten Ködrich auf sich hatte. Betrügereien, oder möglicherweise wertvolle Geschäftskontakte, auf denen ich aufbauen könnte? Wenige Stunden später saßen Foissel und Beatrice Dr. Mohsen Ahmadi gegenüber.

"Herr Dr. Ahmadi, Sie haben sich die Dokumente angesehen. Was hat es mit dem Diplomatenköfferchen und den Dokumenten nun auf sich?"

"Nun, Herr Ködrich scheint außergewöhnliche Kontakte unterhalten zu haben. Absender einiger Bestellungen und kurzer, privater Nachrichten ist ein gewisser Qassem Soleimani. Genauer gesagt, wurde in dessen Auftrag unterzeichnet. Sagt Ihnen der Name Soleimani etwas? Nein, lesen Sie keine Zeitung?"

"Ich lese nur 'die Praline', unser belgisches Tagesblatt, das sich ganz überwiegend mit unserer Schokoladenindustrie beschäftigt"

"Ich verstehe. Soleimani ist ein iranischer Generalmajor und heute Kommandant der al-Quds-Einheit, einer Division der iranischen Revolutionsgarde, die Spezialeinsätze außerhalb des Iran durchführt. General Soleimani wird momentan in Syrien oder Irak vermutet, das ist es zumindest, was man in den Zeitungen liest. Falls Sie SZ oder FAZ lesen jedenfalls."

Er machte eine Pause und sah seine beiden Mandanten erwartungsvoll an, deren Gesichter jedoch regungslos mit unbewegt blieben.

"Gut, wie dem auch sei, in Ihren Briefen geht es um Karten, genauer gesagt um bestimmte Tintenmischungen, es finden sich auch chemische Formeln. Die Briefe sind schon älter, der letzte datiert vom dreizehnten Februar 1981. Einige der übrigen Papiere sind allerdings bedeutend jünger, gerade einmal 3 Jahre alt, enthalten aber keine Hinweise auf ein iranisches Gegenüber"

"Wenn ich Sie richtig verstehe, sind die letzten Dokumente aus dem Koffer gerade einmal drei Jahre alt, stammen also aus der Zeit unmittelbar vor seiner Verhaftung. Ältere Briefe sind von diesem General Soleimani unterzeichnet. Geht es in den unterzeichneten älteren und den nicht unterzeichneten neueren um dieselben Bestellungen?"

"Exakt dieselben Bestellungen, die letzte Bestellung nennt einen Preis von 50.000$"

"Die waren im Koffer"

Beatrice hatte bislang nichts gesagt, war nun aber sichtlich besorgt.

"Halten Sie mal an. Wenn bei Ködrich per Vorkasse bestellt wurde, Ködrich aber wenig später verhaftet wird und stirbt, dann könnte es sein, dass er nicht liefern konnte. Dieser General Salamandi hat womöglich gezahlt, aber nie seine Lieferung erhalten. Sollten wir uns da Sorgen machen? Meinen Sie, das hat etwas mit Ködrichs Tod in Moabit zu tun?"

***


 
 
 

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