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K a p i t e l D r e i z e h n

  • Nino Angelotti
  • Feb 9, 2015
  • 2 min read

Wönkelmeyer vermisste seinen USB Stick. Gestern hatte er ihn noch gehabt und nun konnte er ihn schon seit einer halben Stunde nicht finden. Hatte der kleine Pieter das Teil geklaut? Er hoffte, dass es nicht so war, denn er hatte wenig Lust sich mit der Familie Kleinfettis auseinanderzusetzen, und ebensowenig Lust, die Sache auf sich beruhen zu lassen und sich geschlagen zu geben. Kurz vor halb, gleich steht Björn wieder auf der Matte.

Die Türklingel jaulte laut auf. Wönkelmeyer nahm einen letzten Schluck Kaffee und stellte seine Tasse mit dem großen Chicago Bulls Logo auf den weissen Lehrhamn-Tisch, den er mit dem restlichen Mobiliar vom Vormieter übernommen hatte. Die Türklingel jaulte ein zweites Mal auf.

"Ey, Wönkelmeyer Du Schlafmütze!"

Mit Björn waren auch die Kopfschmerzen wieder da. Wönkelmeyer schlüpfte in seine wildledernen Stiefletten, warf seine blaue Regenjacke über und begrüßte Björn.

"Moin Björn"

"Und app, nur nach vorn"

Der rote Läufer im Treppenhaus dämpfte ihre Schritte. Björn lief vorweg, wie immer, denn er ließ nie eine Gelegenheit ungenutzt, seine Leadership-Qualitäten zu beweisen. Die neue Schließanlage zum Hof war wie immer außer Betrieb, das Tor hatte die ganze Nacht offen gestanden. Die Straße war wie leergefegt, denn es nieselte, weshalb niemand auf dem Bürgersteig saß oder lag.

"Heute machste mir Megadeddi klar, Wönkelmeyer, auf Vollmacke!"

"Björn, ich weiß gar nicht, ob Du ihr Typ bist. Ich meine, Megdi ist kultiviert, sie geht in die Oper und liest unheimlich viel, während Du..."

"Lass das mal meine Sorge sein! Onkel Björn wird das Täubchen schon fliegen lassen, da zerbrich Dir mal nicht den Wirsing"

Wönkelmeyer sah ihn an, sah das kleine Grübchen im Kinn und roch, dass Björn wieder zu viel Aftershave aufgetragen hatte, er roch wie ein teurer Klostein. Megdi und er sahen sich nur bei der Arbeit, 5 Tage die Woche für jeweils einige Stunden, ohne viel zu reden. Sie wusste dementsprechend wenig über Wönkelmeyer, was er sehr genoss. Sie wusste nicht, dass er im Knast gewesen war und hielt ihn bislang für einen intellektuellen Lebenskünstler mit ungewöhnlichem Namen, der noch dazu in der letzten Ecke des Weddings wohnte. Für sie war er Faridun. Er hatte es nicht schriftlich, aber das alles musste notwendigerweise Eindruck auf eine vierundzwanzigjährige Zehlendorferin machen.

"Gut Wönkelmeyer, dann zieh durch das Ding, ich zähl auf Dich. Bis um 5, Du Lurch"

"Bis später"

"Nur nach vorn"

Ihre Wege trennten sich wie jeden Morgen hier am S-Bahnhof Bornholmer Straße. Wönkelmeyers Kopfschmerzen nervten ihn gewaltig, wochenlang ging das nun schon. Während Björns Coachingbude am anderen Ende des Bahnsteig gegenüber des Sperrmülls lag, musste Wönkelmeyer einfach bis zur Schönhauser Allee laufen. Dass er Björn zugesagt hatte, Megdi auf ihn aufmerksam zu machen, wurmte ihn, denn er hielt normalerweise seine Versprechen. Nur der Hauch einer Chance, dass sie auf Björn "hereinfallen" könnte, trübte seine Laune. Er fuhr sich durch seine Locken und schloß die Tür zum Innenhof auf, von dem die Räume des Instituts abgingen. Noch bevor er sie am Kaffeeautomaten begrüßen konnte, hatte sich ein furchtbares Bild vor seinem inneren Auge festgesetzt. Björn und Megdi, sie auf seinem Schoß, beide mit offenem Mund kaugummikauend, sie auf einmal so vulgär wie er, und beide lachten plärrend.

"Hi Faridun, wie gehts? Geh lieber schnell rein, er hat schon zweimal nach Dir gefragt, Du bist locker 2 Minuten zu spät"

***


 
 
 

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