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K a p i t e l S i e b e n

  • Nino Angelotti
  • Feb 8, 2015
  • 2 min read

„Haaallo, Diestel & Barsch Coaching, wie kann ich Ihnen helfen?“

„Hallo Walter, hier ist Faridun, ist der Björn noch da?“

„Ah, Wönkelmeyer. Der Björn ist gerade im Coaching aber komm ruhig hoch, dauert nicht lange.“

Das Treppenhaus war winzig klein, mintgrün und es lag ein scharfer Putzmittelgeruch in der Luft. Ordentlich, aber hässlich. Passt zu Björn. Er nahm den kleinen Aufzug, der für maximal 3 Personen oder 900kg zugelassen war. Das macht 300kg pro Passagier, wenn alle gleich schwer sind. An Flüchtigkeitsfehler glaubte Wönkelmeyer nicht, schon gar nicht im professionellen Bereich. Er erinnerte sich an eine Reportage über die matrizentrischen Königreiche Afrikas, deren Gesellschaften bienenähnlich aufgebaut waren. Der ganze Staat diente der Verehrung und Fütterung dieser königlichen Gigantinnen, die teilweise das Vier- bis Fünffache ihrer Untergebenen auf die Waage gebracht haben sollen. Dass die Schneider Aufzüge AG dieses geschichtliche Kuriosum, soziologisch nicht uninteressant, offenbar zur eigenen Produktklassifizierung heranzog, bewunderte er. Schneider Aufzüge, nicht übel die Jungs. Auf ein sanftes „Kling“ öffneten sich die grauen Schiebetüren des Fahrstuhls aus dem Hause Schneider. Der rothaarige Walter kam ihm entgegen und streckte ihm seine ungewöhnlich lang befingerte Hand zum Gruß entgegen.

„Er ist gleich fertig, er berät grad noch ein paar Gründer“

„Na dann erzählt er denen besser nicht, dass er vorbestraft und mehrfach unternehmerisch gescheitert ist.“

Wönkelmeyer ärgerte sich über seinen bissigen Kommentar, Walter schaute ihn erschrocken mit leicht geöffnetem Mund aus seinen großen grünen Augen an. Seine makellose Gesichtshaut und seine hohen Wangenknochen ließen ihn aussehen wie eine Mischung aus Tilda Swinton und Dschingis Khan. Seine große Teetasse hielt er mit beiden Händen und wenn er den Kopf zur Tasse bewegte, um einen winzigen Schluck des mit Milch aufgegossenen und nach Zimt riechenden Öko-Trunks zu sich zu nehmen, schürzte er die Lippen.

Walter war ein zarter Mann, dessen lange Wimpern nicht über ein unheimliches Funkeln seiner Augen täuschen konnten, die in diesem Augenblick wie kalte Smaragde aus seinem schönen Schädel starrten. Eine Tür sprang auf, Björn und zwei Mitzwanziger, denen er kumpelhaft die Hände auf die Schultern legte kamen auf den Aufzug zu, wobei Björn polternd sein übliches Geblubber von sich gab. Wönkelmeyer verachtete Björn nicht nur für diese schunkelhafte Art, sondern auch für dessen Camp David Hemd mit den übergroßen Manschetten und dem noch größeren Emblem auf der Brust.

„Na Du Nase, hälste hier schön den Walter wieder von die Arbeit ab, ja? Komm lass gehen, nur nach vorn“.

***


 
 
 

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